Höhere Beamte und Gelehrte des chinesischen Kaiserreiches, die zwischen 1911-14 sich in Tsingtau niederließen oder vorübergehend sich dort aufhielten.

Eine Zusammenstellung von Wilhelm Matzat, Bonn.

1)  Der zweite Prinz Gong, * ca. 1894, Enkel des 1.Prinzen Gong, kam mit Frau und 2 Söhnen

und seiner 60jährigen Mutter nach Tsingtau, wo er von 1912 bis 1922 in der Fushan Straße wohnte.  Seine Frau, eine mongolische Prinzessin, starb am 2.11.1918 in Tsingtau. Als Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Kaiser Wilhelms II., im Oktober 1912 Tsingtau besuchte, traf er sich heimlich mit Prinz Gong und Gu Hong-ming im Hause des Seezolldirektors Ernst Ohlmer.  Als Tsingtau im Dez.1922 an China zurückfiel, ging Prinz Gong in das japanisch besetzte Dairen .

Prinz Gong (Pu wei) war ein Vetter des letzten chinesischen Kaisers Xuantong (Pu yi). Richard Wilhelm hat ihm in seinem Buch: „Die Seele Chinas“ (1926, S. 179-94) ein Kapitel gewidmet: „Der Prinz“  (in der Neuauflage von 1980,S.231-249.)

Acht ehemalige Generalgouverneure

2)  Zhou Fu (1837-1921) kam 1912  als 75jähriger mit seiner ganzen Familie, ca. 40 Personen, nach Tsingtau. Einige seiner Stationen waren: 1882 Zoll-Superintendent in Tientsin; 1900 Provinzschatzmeister in Sichuan; 1902-04 Gouverneur von Shandong. Er besuchte im Dez.1902 als erster Shandong Gouverneur die deutsche Kolonie Tsingtau, wohnte in Schrameiers Haus, da dieser auf Urlaub in Deutschland war. 1904 wurde er Generalgouverneur in Nanking für die Provinzen Jiangsu und Zhejiang, 1906-07 Generalgouverneur in Canton für die Provinzen Guangdong und Guangxi.

3)  Zhou Xue-xi (1866-1947) war der 4.Sohn von Zhou Fu. Biographie bei Boorman, I, 409-13 (Chou Hsueh-hsi).  Er war u.a. Finanzminister der jungen Republik von Juli 1912 – Mai 1913 und Jan.1915 – März 1916. Er war ein bedeutender Industriemanager und Unternehmer.

4)  Zhou Xue-yuan, ein weiterer Sohn von Zhou Fu.

5)  Zhou Shu-tao, ein Enkel von Zhou Fu. Er baute sich in Tsingtau ein Haus im europäischen Stil, wurde dabei von Richard Wilhelm beraten.

6)  Li Shou-ren, deutscher Sekretär von Zhou Fu.

7)  Xu Shi-chang (1855 – 1939) war 1907-09 Generalgouverneur der 3 Nordostprovinzen gewesen.  Später war er 4 Jahre lang Präsident Chinas (Sept. 1918 – Juni 1922). Biographie bei Boorman,II, S.136 ff (Hsü Shih-ch’ang).

8)  Xu  Shi-guang, + 1924, ein Bruder von Xu Shi-chang. War u.a. Präfekt von Tsinanfu 1900-02, Zoll-Daotai von Tschifu (Yantai).

9)  Xi Liang, ein Mongole, war 1909-11 Generalgouverneur der 3 Nordostprovinzen.

10)  Zhao Er-sun (1844-1927), u.a. Gouverneur von Shanxi 1902-04, Generalgouverneur von Sichuan 1907-11, Generalgouverneur der 3 Nordostprovinzen 1911-12. Nach 1912 leitete er die Herausgabe der „Geschichte der Qing Dynastie“. Biographie bei Boorman,I,141-42 (Chao Erh-sun).  Er traf ca. 15.11.1912 ein und wohnte in der ehemaligen Kienshun Bank.

11)  Li Jing-xi, war u.a. Vorsitzender des Staatsrates;  1910 Generalgouverneur von Yunnan und Guizhou.

12)  Chen Kui-long, * 1857, u.a. Generalgouverneur von Hubei und Hunan 1908-09, Generalgouverneur von Zhili 1909-11. (Hummel S.725)

13)  Zhang Ren-jun. War u.a. Gouverneur von Shandong 1902, später Generalgouverneur in Canton.

14)  Sheng Yun, ein Mongolenfürst, war Generalgouverneur von Shaanxi und Gansu gewesen. Seine Persönlichkeit wird von Richard Wilhelm in „Die Seele Chinas“, Neuauflage von 1980,S.212-13 geschildert, dort auch ein Foto von ihm (S.224, Abb.12).

Weitere Beamte, Militärs und Gelehrte

15)  Sun Bao-qi (1867-1931). War u.a. Gesandter in Paris 1902-06 und Berlin 1907-09,  von Juli 1909 bis Febr. 1912 der letzte kaiserliche Gouverneur von Shandong. Hatte als solcher 1910 Gouverneur Truppel in Tsingtau besucht.  War später für die Republik Außenminister (Sept. 1913 bis Jan.1915) und Ministerpräsident (Jan. bis Juli 1924). Bei seinem Tode lebten noch 6 Söhne und 16 Töchter.  Biographie bei Boorman,III,S. 169-70 (Sun Pao-ch’i). (Obwohl eine Quelle das so angibt, ist m.E. ein Aufenthalt von Sun Bao-qi in Tsingtau ab 1912 nicht  belegt. Boorman schreibt, er habe sich 1912 nach Tientsin  begeben, d.h. also in eine der dortigen ausländischen Konzesssionen.)

16)  Hu Jian-qu. War Dez.1911 – Jan.1912 Militärgouverneur von Shandong gewesen.

17)  Li Jing-mai, + 1938. Der jüngste Sohn von Li Hong-zhang. War 1905-07 Gesandter in Wien gewesen.

18)  Zhang Zhi-qian, ein Enkel von Li Hong-zhang.

19)  Zhang Heng (Cheng Bao),  Neffe von Li Hong-zhang. Gelehrter, einer der besten Kenner des Daoismus.

20)  Yu Shi-mei (1859-1915), früherer Sekretär von Li Hong-zhang.

21)  Lao Nai-xuan (1843-1921), früherer Vizeunterrichtsminister. Einer der brillantesten chinesischen Gelehrten. Seine Frau war eine geborene Kong, aus der Kong Sippe in Qufu. Auf Vorschlag von Zhou Fu kam er im Nov. 1913 nach Tsingtau und half Richard Wilhelm bei der Übersetzung und Auslegung des I-Jing. Bei Kriegsausbruch im August 1914 verließ er die Stadt, kam aber 1917 nach Tsingtau zurück und ist dort in seinem Haus am 21.Juli 1921 gestorben. Ein Bild von ihm in R.Wilhelms „Die Seele Chinas“, Neuauflage 1980, S.224, Abb.13.

22)  Yin Chang, ein Mandschu. War General, sprach gut Deutsch, Gesandter in Berlin von 1901-05 und 1908-09, später Kriegsminister. Yin Chang war 1872 als 13jähriger in das Peking-College eingetreten und gehörte zu den ersten Schülern der Deutschklasse. Von 1875-84 war er Dolmetscher an der chines.Gesandtschaft in Berlin. Er heiratete eine Deutsche.

23)  Sheng Xuan-huai (1849-1916), ein bedeutender Industriemanager; war der letzte kaiserliche Verkehrsminister. Schüler berichtet (S.311): „Am 25.Okt.1911 verlangte der Reichsausschuß in Peking in einer tumultuarischen Sitzung vom Thron die Bestrafung des Ministers Sheng Süan-huai wegen Hochverrats, begangen durch seine Eisenbahnpolitik. Am folgenden Tage wurde er durch ein Kaiserliches Edikt in schimpflichster Weise als ein Betrüger und Hochverräter aller Ämter enthoben; mit knapper Not entging er einem Mordversuch und entkam am 27. Oktober 1911 nach Tsingtau“.-  Der amerikanische Konsul in Tsingtau, McNally, berichtet am 27.Nov.1911 nach Washington: „Apart of the residence here of  Sheng Hsuan-huai, also known as Sheng Kung-pao, the former Minister of Posts and Communications in Peking , who is living near the American Consulate in constant dread of assassination  and who frequently visits the Consulate for news and local information, a number of Chinese officials from outside sections have leased the Strand Hotel and are occupying it.“

24)  Lu Run-xiang (1841 – 1915), Lehrer des vorletzten Kaisers Guangxu.

25)  Lü Hai-huan (1840 – 1927). War 1898 Gesandter in Berlin, zuletzt Kriegsminister. Vorsitzender des chinesischen Roten Kreuzes.

26)  Lü Mei-huan. War u.a. Gesandter in St.Petersburg; Außenminister.

27)  Sun Jia-lai (? Zou Jia-lai). Früherer Präsident des Wai Wu Bu.

28)  Wang Xu.  Früherer Vizeaußenminister.

29)  Wu Yu-sheng, früherer Innenminister.

30)  Li Jia-ju.  Früher u.a. Gesandter in Japan; Vizeunterrichtsminister.

31)  Wang Jiao-sheng, früherer Vizepräsident des Zeremonien-Ministeriums (Li Bu).

32)  Liu Ting-shen, früherer Unterrichtsminister.

33)  Zhu Tang-lin, Mitglied des Reichsausschusses.

34) Yu Ze-da, früherer Daotai von Dengzhou, Laizhou, Qingzhou in der Provinz Shandong.

Am 15.7.1907 besuchte er Tsingtau, zusammen mit den Daotais Li De-shun und Tschi sung wei. 1909 war er Direktor des Amtes für auswärtige Angelegenheiten in Tsinanfu. Er baut sich im Juni 1912 ein Haus in der Kronprinzenstraße, unterhalb des Wohnhauses von Alfred Siemssen.

35)  Yang Du, Direktor des Hankou Wiederaufbau-Komitees.

36)  Wu Ji-sun, früherer Chef der Zivilverwaltung der Provinz Shaanxi.

37)  Zhu Zheng-qi, früherer Finanzkommissar der 3 Nordostprovinzen.

38)  Xiao Ying-chun, früherer Daotai für Industrialisierung in den 3 Nordostprovinzen, berühmter Sammler von Bildern und Schriften.

39)  Wen Su, früherer Salzkommissar.

40)  Tong Zi,  früherer Industriekommissar der Provinz Shandong.

41)  Lin Jin-zao, früherer Vizedirektor der Zhejiang-Eisenbahn.

42) Zhang Zhu-bao, früherer Vizedirektor des Arsenals von Shanghai.

43) Li tschun, Admiral a.D., besuchte Tsingtau im Juli 1912. Sein Bruder Li tsi wu heiratete am 15.7. eine Enkelin von Zhou fu im Hotel Prinz Heinrich. Li schun reiste dann nach Hongkong. Er plant, im Sommer in Tsingtau, im Winter in Hongkong zu leben.

44) Li Mei-sun stammt aus Schantung, er war längere Zeit Salz-Daotai von Jiangsu, er kauft mehrere Häuser im Europäerviertel von Ts und ersteigert am 11.3.1912 fast den gesamten Straßenblock, der begrenzt ist vom Kaiser-Wilhelm-Ufer, Luitpold-, Prinz Heinrich- und Albert-Straße. Es handelte sich um ein Areal von 6782 qm und Li zahlte 13461 mex. Dollar. Nur Max Grill hatte gerade in der Nordostecke dieses Blocks sein Kaufhaus gebaut, das im April 1912 eröffnet wurde. Li errichtet dann 1912/13 mehrere große Häuser in diesem Block. Bei den Deutschen führte dies zu einer Kontroverse, denn einige wollten nicht, daß in diesem repräsentativen Areal Gebäude von Chinesen gebaut wurden. In der Kiautschou Post 1912, S. 152-53 nimmt Kassandra dagegen, Alpha dafür Stellung.

Benutzte Quellen

Hummel, Arthur W. (Ed.): Eminent Chinese of the Ch’ing Period (1644-1912).- Wash.1943-44

Boorman, H.L. (Ed.): Biographical Dictionary of Republican China.- N.Y. 1967-71, 4 Bde.

„German influence on official China“, in: The Far Eastern Review, Nov. 1914, S.190-91. (Dieser Aufsatz enthält eine Liste mit 35 Namen.)

Wilhelm, Salome: Richard Wilhelm.- Düsseldorf 1956, S.220-21 (dort eine Liste der Mitglieder der Tsingtauer Konfuzius-Gesellschaft).

Wilhelm, Richard: Die Seele Chinas.- Berlin 1926 (benutzt wurde die Neuauflage von 1980).

Schüler, Wilhelm: Abriß der neueren Geschichte Chinas.- Berlin 1912, S.361-63.