Gromsch, George (1855 – 1910), Hafenbaudirektor

Richard George Gromsch wurde am 11.10.1855 in Danzig geboren. Nach dem Schulbesuch absolvierte er ein Bauingenieurstudium. Nach den beiden Hauptprüfungen wird er als Bauführer und dann als Regierungsbaumeister tätig geworden sein, offensichtlich zunächst im Danziger Hafen- und Werftbereich. Später ist er in Wilhelmshaven tätig (erwähnt im Mai 1896). Im August 1897 ist er nachweislich Bauinspektor auf der Kaiserlichen Werft in Kiel. Direktor der Werft dort war Georg Franzius, der im Frühjahr 1897 nach China geschickt worden war, um verschiedene Standorte an der chinesischen Küste zu vermessen, die eventuell als Flottenstützpunkt für die deutsche Ostasiatische Kreuzerdivision in Frage kämen. Franzius, begleitet von dem Dolmetscher Emil Krebs, hatte dabei auch die Bucht von Kiautschou besucht und vermessen. Kaum war Franzius nach Deutschland zurückgekommen und hatte seinen Bericht im Reichsmarineamt abgeliefert, geschah am 1.11.1897 die Ermordung zweier deutscher katholischer Patres in West-Schantung, die dann die Besetzung der Kiautschou Bucht am 14.11.1897 auslöste, und zwar durch das Matrosen-Landungskorps von 3 deutschen Kriegschiffen, unter Konteradmiral von Diederichs. Durch die nachfolgenden Verhandlungen mit der chinesischen Regierung konnte Deutschland an der Ostküste der Kiautschou-Bucht ein Areal für 99 Jahre pachten. Unter der Führung des Reichsmarineamtes und seines Staatsseketärs Tirpitz (später geadelt) sollte Tsingtau zu dem gewünschten Flotten- und Handelsstützpunkt ausgebaut werden, mit einem modernen Hafen und Docks, an denen auch Kriegsschiffe und Hochseeschiffe anlegen konnten. Sicherlich auf Empfehlung von Gromsch’s Chef, Georg Franzius, bestimmte Tirpitz den Gromsch dazu, die Bauverwaltung beim Gouvernement in Tsingtau zu leiten und den Bau eines Großen Hafens durchzuführen. Am 16. Mai 1898 traf Gromsch in Tsingtau ein. Eigentlich sollte der Berliner Stadtbaumeister Max Knopff gleichzeitig mit Gromsch ankommen, jener sollte die Hochbauabteilung des Gouvernements leiten und den städtischen Bauplan entwerfen. Wegen Erkrankung konnte Knopff aber nicht mitfahren und erreichte dann Tsingtau erst am 6. August 1898, so dass er bei dem Entwurf des Tsingtauer Bauplanes, der am 2. Sept. veröffentlicht werden musste, nicht mehr entscheidend mitwirken konnte.

Bis November 1902 hat Gromsch als erster Hafenbaudirektor und Leiter der Bauverwaltung Tsingtaus gewirkt. Ihm unterstanden 3 Abteilungen: 1. Hafenbau. 2. Tiefbau. 3. Hochbau. Er musste also grundlegende Entscheidungen für den Aufbau Tsingtaus fällen. Für das entscheidende Problem: „Wo und in welcher Form soll der Große Hafen gebaut werden?“ gab es schon 2 Entwürfe. Den einen hatte Georg Franzius geliefert, den anderen der Ingenieur Gädertz, den eines der Industriesyndikate nach Schantung geschickt hatte, um die Trasse zu inspizieren, längs der die Eisenbahnlinie von Tsingtau nach Tsinanfu (rund 450 km) gebaut werden sollte. Nachdem Gromsch das Terrain hinreichend kennengelernt hatte, verwarf er die Entwürfe von Franzius und Gädertz und die von ihnen vorgeschlagenen Standorte. Gromsch ist also der Schöpfer des Großen Hafen Tsingtaus, so wie er dann mit seinem langen nördlichen Umfassungswall und den 2 Molen bis 1905 gebaut worden ist.

Man kann hinzufügen, dass das RMA 1899 noch Admiralitätsrat Emil Rechtern für einige Wochen nach Tsingtau geschickt hatte, der vielleicht einige Ergänzungen eingebracht hat, letztendlich aber den Gromsch Plan abgesegnet hat. Rechtern war ja von 1876 bis 1891 der Hafenbaudirektor Wilhelmhavens gewesen, und hatte die erste Erweiterung des Hafens von WHV durchgeführt.

Es soll hier nicht weiter auf Gromsch’s Tätigkeit als Hafenbaudirektor Tsingtaus von 1898 bis 1902 eingegangen werden. Dazu wären längere Ausführungen nötig. Sicherlich waren diese Jahre kein Zuckerschlecken für ihn und Ärger und Kritik hat es genug gegeben. Erschwerend kam wohl hinzu, dass Gromsch’s Frau von seinen Kollegen irgendwie als nicht ganz standesgemäß angesehen wurde, so dass Gromsch’s gesellschaftliche Stellung in Tsingtau nicht optimal war. Gromsch war verheiratet mit Anna Clara Rosalie Nath (geb. in Elbing 9.2.1868).
Kinder: Werner geb. 3.11.1888 in Danzig; Herbert gest. 4.8.1891 in Danzig; Ulrich geb. 17.5.1896 in Wilhelmshaven; Lotte geb. 20.10.1900 in Tsingtau.
Am 29.7.00 wird Marine-Baurat Gromsch zum Hafenbaubetriebsdirektor ernannt.
Immerhin erhält Gromsch im Febr. 1902 den Roten Adlerorden IV. Klasse. Er fuhr am 12.02.1902 nach Shanghai und von dort für 4 Wochen nach Hankou, wegen der dort eingestürzten Quaimauer. Er wird vertreten durch Hauptmann Müller. Im November 1902 verlässt Gromsch Tsingtau endgültig und hält sich einige Monate in Zopot bei Danzig auf. Am 8.4.1903 trifft er in Kiel ein als Marinebaurat und Hafenbaumeister und wohnt in der Goethestraße. Aber bereits am 22.10.1903 zog er in seine Geburtsstadt Danzig zurück, wo er „mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Hafenbaudirektors“ beauftragt worden war. (Ostasiatischer Lloyd, 22.01.1904, 135.)

Marine-Oberbaurat und Hafenbaudirektor Gromsch ist am 12.12. 1910 nach längerem Leiden in Danzig im 56. Lebensjahr gestorben. (Kiautschou-Post 1911, 1. Halbband, S.16).

Im Hafenviertel Tsingtaus wurde eine Straße nach ihm, eine andere Straße nach Rechtern benannt.