Christuskirche in Tsingtau (Qingdao).

Verfasst von Prof. Dr. Wilhelm Matzat

Gleich nach der Gründung der Stadt Tsingtau hatte das deutsche Gouvernement 1899 eine Evangelische Kapelle (Architekt: Stadtbaumeister Max Knopff) an der Hunan Straße östlich der Jiangsu Straße bauen lassen, die sowohl als Garnisons- als auch als Zivilkirche diente. An sich sollte es eine interkonfessionelle Kirche sein, doch die hier vertretenen deutschen katholischen Patres (vom Steyler Missionsorden SVD)  lehnten die Benutzung ab und errichteten zunächst eine provisorische Kapelle aus Holz hinter dem Tsingtauer Dorftempel, bis dann später das Steyler Missionsgebäude errichtet war, unter dessen Dach auch die Kapelle sich befand, die bis 1934 für den kathol. Gottesdienst diente, also bis zur Einweihung der Kathedrale. Die Evangelische Kapelle wurde am Heiligabend des Jahres 1899 eingeweiht, Missionar Richard Wilhelm (AEPM) hielt die Weiherede, Missionar C. Johannes Voskamp (Berliner Mission) die Weihnachtspredigt. Nach der Einweihung der Christuskirche (Okt. 1910) diente die frühere Kapelle als Turnhalle, zunächst für die deutsche Schule und in den Jahrzehnten danach auch für die japanischen und dann chinesischen Schulen der Nachbarschaft. Das Gebäude wurde erst um 1991 herum abgerissen.

Bereits 1904 wurde eine erste Skizze für eine größere evangelische Kirche von Regierungsbaumeister Stössel gefertigt. Als Baustelle war der Platz gewählt, auf dem dann später die Christuskirche errichtet wurde. Die von Stössel veranschlagten Kosten betrugen 236000 Mark. Diese Zahl ist insofern bemerkenswert, als sie später für die neue fertig zu stellende Kirche die zur Verfügung stehende Bausumme darstellte. Die neu zu bauende Kirche war aber keine Garnisonskirche mehr sondern wurde vom Evangelischen Kirchenausschuss in Berlin errichtet, der auch die gesamten Baukosten trug. Das Geld kam durch Spenden und Sponsoren zusammen.

Am 10. Febr. 1907 erschien in der Tageszeitung „Tsingtauer Neueste Nachrichten“ (abgekürzt TNN) im Anzeigenteil ein „Ausschreiben zu einem Wettbewerb für eine evangelische Kirche in Tsingtau – Kiautschou. Die sich beteiligenden Architekten müssen in Ostasien ihren Wohnsitz haben. Die Kirche soll 500 Sitzplätze haben, alles Nähere ist aus dem gegen 4 mex. $ bei der Rechnungsstelle des Hochbaudirektors in Tsingtau erhältlichen Programm ersichtlich. An Plänen werden verlangt:

Ein Lageplan 1:500, 2 Grundrisse 1:200, Längen- und Querschnitt 1:100, eine Hauptansicht 1:100, 3 weitere Ansichten 1:200, ein Schaubild. Für Preise steht zur Verteilung bereit die Summe von 3000.- mex. $, und zwar: ein erster Preis mit 1500.- $, ein 2. Preis 1000.- $, ein 3.Preis 500.- $. Außerdem behält sich das Preisgericht vor, Entwürfe zum Einheitspreis von 250.- $ anzukaufen. Die Entwürfe sind mit Kennwort versehen, bis spätestens 1. Juni 1907 beim Postamt Tsingtau mit der Adresse des Unterzeichneten postfrei einzuliefern. Den Anlagen ist beizufügen: Ein verschlossener Briefumschlag mit der Aufschrift des Kennworts und enthaltend den Namen des Verfassers. Die Bauleitung einem der Preisträger zu übertragen ist nicht beabsichtigt. Das Preisgericht haben übernommen:

1) Herr Bauunternehmer Karl Pötter

2) Herr Marine-Baurat Julius Rollmann

3) Herr Kaufmann Adolf  C. Schomburg

4) Herr Baudirektor Karl Strasser

5) Herr Gouvernementspfarrer Ludwig Winter

sämtlich in Tsingtau. Im Falle der Behinderung einzelner Herren, wählen die übrigbleibenden nach ihrem Gutdünken Ersatzleute. Die Preisrichter haben sich mit den Bestimmungen des Programms für den Wettbewerb einverstanden erklärt.

Tsingtau, im Januar 1907.  Das Preisgericht zur Gewinnung von Entwürfen für eine evangelische Kirche in Tsingtau.       i.A. Strasser, Baudirektor.“

Ein Exemplar des vorgeschriebenen Programms ist nicht mehr erhalten. Das „Zentralblatt für das Deutsche Baugewerbe“ vom 26. März 1909 berichtet über den Bau der Kirche und erwähnt einige der aufgestellten Forderungen: „Die Baukosten waren auf 190000 Mark und zusätzlich 30000 Mark für Orgel, Uhr, Zentralheizung und elektrische Beleuchtung festgesetzt. Verlangt waren 500 feste Sitzplätze, von denen ein Teil auf Emporen angeordnet werden konnte, in Gängen usw., Raum, um an besonderen Tagen noch mindestens 110 Stühle aufstellen zu können, eine Orgelempore mit Raum für Kirchensänger, eine Sakristei von ca. 35 qm mit Vorraum und Bedürfnisanstalten, ein Konfirmandensaal, zugleich Gemeinderaum für etwa 50 Personen, ein kleiner Geräteraum und ein Raum für die Zentralheizung und Kohlen. Stil und Bauart war dem Architekten freigegeben, Barock und Empire wurde nicht gewünscht, reiche Gotik verbot die begrenzte Bausumme. Es wurde ‘mehr Gewicht auf malerische Gesamtwirkung bei einfacher Architektur als auf reiche Detailausbildung gelegt.’ Anlage eines Turmes mit Uhr und Geläute für drei vorhandene Glocken war erwünscht.“

Am 18. Juli 1907 veröffentlichten die „Tsingtauer Neueste Nachrichten“ das Ergebnis des Wettbewerbs: „Von elf eingegangenen Entwürfen wurde

der I. Preis mit 1500.- $ zuerkannt dem Entwurf mit dem Kennwort „So“, Verfasser Herr Curt Rothkegel, Tsingtau,

der II. Preis mit 1000.- $ dem Entwurf  mit dem Kennwort „Alpha“, Verfasser Herr Regierungsbaumeister Wentrup, Tsingtau,

der III. Preis mit dem Kennwort „Eine feste Burg“, Verfasser Herr Architekt Paul Hachmeister und Herr Architekt Paul Friedrich Richter, Tsingtau.

In die engere Wahl kamen die Entwürfe mit den Kennworten „Maya“, „124“ und „Evangelium“. Zu einem Ankauf von Entwürfen lag eine Veranlassung nicht vor. Die Entwürfe kommen in den nächsten Tagen zur öffentlichen Ausstellung im Sitzungssaale des Gouvernements.               Tsingtau, den 17. Juli 1907.

Das Preisgericht, i.A. Strasser, Kaiserlicher Baudirektor.

Alle vier Preisträger wohnten in Tsingtau. Rothkegel und Richter waren selbständige Architekten, Wentrup und Hachmeister waren bei der amtlichen Bauabteilung beschäftigt. Das Gutachten der Preisrichter zum Rothkegel’schen Entwurf führt u.a. aus: „Der Haupteingang zur Kirche ist von Süd resp. Südwesten, ein Nebenaufgang im Westen durch den Turm; der Treppenaufgang ist so gedacht, daß die beiden oberen Ausgänge in natürlicher Weise auf die Eingänge hinweisen. Im Osten ist ein kleiner Aufgang für den Gouverneur zu einer Gouverneurloge angelegt, welche Anlage nicht verlangt war. Der Verfasser bringt sämtliche Kirchenbesucher zu ebener Erde unter, höher gelegen ist nur die Sänger- resp. Orgelempore. Die Unterbringung sämtlicher Plätze im Erdgeschoß verlangt eine Breitenentwicklung. Die Höhenausdehnung tritt dementsprechend nicht hervor. Hierdurch hat der Verfasser das erreicht, was die hochgelegene Baustelle verlangt. Der Turm ist ca. 27 m hoch und beeinträchtigt deshalb nicht die umgebenden Höhen. Alle Nebenanlagen gruppieren sich in natürlicher Weise ins Ganze hinein. Die Anlage ist recht hübsch und die Aufgabe gut gelöst. Wie die vier gelieferten Perspektiven zeigen, würde mit dem Gebäude bei einfachster Ausbildung eine recht malerische Wirkung erzielt werden.“  Das Zentralblatt (siehe oben) ergänzt das Gutachten durch die Feststellung: „Die Kirche erinnert in ihrer kraftvollen, geschlossenen Erscheinung an nordische Vorbilder, etwa in der Art Saarinens; die Gruppierung, namentlich des Turmes, wurde durch die landschaftliche Umgebung und das Städtebild bestimmt.“  Das oben zitierte Zentralblatt bringt auch den Grundriß und 5 Ansichten des Modells aus verschiedenen Richtungen. Eine der Abbildungen ist wieder abgedruckt in dem Buch von Torsten Warner:  „Deutsche Architektur in China“, Berlin 1994, S. 247. Rothkegel selbst schlug in seinem Entwurf folgende Baumaterialien vor: „Sämtliche Mauersteine aus dem an Ort und Stelle leicht erhältlichen Granit, die Ansichtsflächen unbearbeitet, so wie sie aus dem Bruch kommen. Ebenso die Gesimse, einfach als rauhe Wülste. Der Putz ganz rauh und nicht getönt. Das Dach mit Mönch und Nonne gedeckt, das Fachwerk mit Ochsenblut gestrichen.“  Zur Verwendung von Fachwerk ist es dann bei der Bauausführung gar nicht gekommen, der Rothkegel’sche Entwurf hatte es für den Kniestock des Konfirmandensaales vorgesehen.

Die elf Entwürfe wurden vom 22. bis 24. Juli ausgestellt, jedoch nicht im Gouvernementsgebäude, sondern in der Aula der einige Tage vorher eingeweihten neuen Schule. Ein längerer Bericht in den „Tsingtauer Neueste Nachrichten“ vom 24.7.1907, der die elf Entwürfe beschreibt, soll hier nicht wiedergegeben werden. Nur die Beschreibung des Turmes beim 1. und 3. Preis soll hier zitiert werden, da der Rothkegel’sche Turmentwurf später so nicht ausgeführt wurde. Er  wird in der Zeitung so beschrieben: „Die schwierige Lösung der Frage, einen schönen Übergang von dem wuchtigen Turme zu einem das Ganze bekrönenden  und doch nicht bedrückenden Turmhelm zu finden, hat der Meister in genialer Weise durch ein Spiel von vier gedrungenen Pfeilern, welche eine mit Fenstern durchbrochene Schildmauer tragen, gelöst.“ Zum Entwurf mit dem 3. Preis heißt es dort: „Ein in flotter Stilführung pompös in die Höhe strebendes, in kräftigen romanischen Linien gehaltenes Bauwerk, … das Ganze von einem in seinen Verhältnissen meisterhaft durchgearbeiteten Turme überragt.“ Es könnte durchaus sein, daß der Kirchturm, wie er dann 1908-10 gebaut wurde, aus dem Entwurf von Hachmeister/Richter stammt. Statt der bei Rothkegel vorgesehenen 27 m wurde der Turm dann 36 m hoch (so Warner, a.a.O., S. 244; laut TNN vom 22.10.1910 rund 40 m hoch). Durch den Hahn auf der Spitze war der Turm früher höher, jener ist leider bei einem Sturm im Winter 1942 heruntergefallen und wurde erst wieder im Jahr 2010 draufgesetzt. Obwohl das Kircheninnere ein halbkreisförmiges Tonnengewölbe hat, gestaltete Rothkegel die südliche Hauptfront als großes, giebelartiges Dreieck, das damit keinesfalls der inneren Struktur entspricht und irgendwie auch primitiv wirkt, als ob es sich um eine Scheune handelt.  Deswegen wohl wurde dann bei der Bauausführung diese Dreiecksform verworfen und die Giebellinie ebenfalls abgerundet, entsprechend dem inneren Gewölbe.

Die Grundsteinlegung

Die Grundsteinlegung fand am Ostersonntag, dem 19. April 1908, im Rahmen eines Feldgottesdienstes statt. Die TNN vom 22.4. berichtet: Die Feier „eröffnete um 11 Uhr nach dem Glockengeläute der Sängerchor des III. Seebataillons ein, indem er in Begleitung der Bataillons-Kapelle das Alt-Niederländische Dankgebet vortrug: ’Wir treten zum Beten’. Ein Gebet des Pfarrers folgte, das der Gemeindegesang:’Ich weiß, an wen ich glaube’ mit einer Schriftverlesung, die auf die Bedeutung des Tages hinwies, verband. Nach nochmaligem Gemeindegesang, den jedesmal die Kapelle kräftig und voll begleitete, folgte die Predigt durch Pfarrer Winter über 1. Korinther 3,11:’Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist Jesus Christus.’ (Die Zeitung bringt den vollständigen Wortlaut der Predigt.) Die eigentliche Grundsteinlegung leitete die Verlesung folgender Urkunde durch den Pfarrer ein:’Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. Am Gedenktage der Auferstehung Jesu Christi legt die zum Gottesdienst versammelte evangelische Gemeinde Tsingtau den Grundstein zur Christuskirche. Derselben wird der durch das Preisausschreiben gewonnene Entwurf des Architekten Rothkegel in der Hauptsache zu Grunde gelegt, während die Ausführung des Baues in den Händen des Gouvernements verbleibt. Die Mittel für die Kirche, welche auf die Summe von 236000 Mark festgesetzt sind, hat in hochherziger Weise der Evangelische Kirchenausschuß zu Berlin zur Verfügung gestellt, doch hat auch die Gemeinde Tsingtau außer der Stiftung des Glockengeläuts zum inneren Schmuck beigetragen. Der Baugrund nebst Zuwegung ist ein Geschenk des Kaiserlichen Gouvernements. Das neue Gotteshaus soll gleichermaßen der Marine- wie der Zivil-Gemeinde zur Erbauung dienen und als Pflegestätte christlicher Gottesfurcht, deutscher Treue und wahrer Nächstenliebe im fernen Land ein Band mit der irdischen und himmlischen Heimat sein. Das walte Gott! Amen.’

Nachdem die Urkunde unter den Klängen des durch die Kapelle gespielten, ergreifenden Ambrosianischen Lobgesanges:’Großer Gott, wir loben Dich’, in den Grundstein eingemauert war, erfolgten die Hammerschläge. Sie eröffnete in der Stellvertretung Ihrer Majestät der Kaiserin die Gemahlin des kaiserlichen Gouverneur I.E. Frau Truppel mit dem Spruch aus Psalm 150: ’Lobet den Herrn in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht.’ Für das Schutzgebiet erteilte sie S.E. Gouverneur Truppel mit den Worten:

Christuskirche am Tsingtau-Strand

Sei mit der deutschen Heimat ein Band,

Verbind uns der himmlischen Heimat droben,

Hilf uns Gott suchen und finden und loben.

Als Vertreter der evangelischen Kirche sprach Gouvernementspfarrer Winter den Spruch 1.Petrus 2,17: ‘Fürchte Gott! Ehret den König! Habt die Brüder lieb!’ Für die Marine-Gemeinde, der älteren von beiden, trat als rangältester Offizier Fregattenkapitän Behring mit dem Gelübde ein: ‘Mit Gott in Treue und Gehorsam für Kaiser und Reich.’ Die Zivilgemeinde vertrat zunächst der Zivilkommissar Geh. Regierungsrat Günther mit dem Wunsche:

Mit Gott fangt es an, mit Gott baut es aus,

Gott gebe, daß es im Weltgebraus

Uns werde ein rechtes Gotteshaus –

sodann der Bürgerschaftsvertreter Kaufmann Walther mit den Worten: ‘Gott zur Ehre, der Menschheit zur Lehre, der Gemeinde zum Segen.’ Den Schluß machte der Bauleiter Hochbaudirektor Strasser und schloß: ‘Gott zur Ehre, uns Evangelischen zur Erbauung, der Stadt zum Wahrzeichen.’

Ein kurzes Schlußgebet, Gemeindegesang, das Vaterunser und der Segen beendigten die Feier, die, alles Gepränge vermeidend, sich völlig im Rahmen eines Gottesdienstes hielt. Feierlich erklang schon während des Vaterunsers und Segens das Geläut der Glocken von der alten Gouvernementskapelle, die einst auch in der Christuskirche zum Gottesdienst rufen sollen. Mögen sie es nach glücklich vollendetem Bau in nicht allzu weiter Ferne tun!“

Der Bau der Kirche

Die Baukosten (236000 Mark) trug diesmal nicht der Staat, sondern der Deutsche Evangelische Kirchenausschuß in Berlin, der die Gelder durch Spendenaufrufe in ganz Deutschland und China zusammengebracht hatte. Die Bearbeitung des Ausführungsentwurfes und die Bauleitung wurde jedoch der Bauverwaltung des Gouvernements übertragen und lag in den Händen des Hochbaudirektors Strasser, dem als Hilfskräfte nebenamtlich anfangs Regierungsbaumeister Blaich und Architekt Hachmeister, später, speziell für die örtliche Bauleitung, Architekt Biber zur Seite standen. Zweieinhalb Jahre benötigte man für den Bau und die Einrichtung der Kirche. Die TNN vom 22.10.1910 beschreibt das Innere: „Die Kirche ist in einfachen modern-romanischen Formen gehalten. Das Gebäude enthält in der Hauptsache ein Schiff von 23,20 m Länge und 13,50 m Breite, an das sich der Altarraum mit einer Tiefe von 5 m anschließt. Das Schiff der Kirche, welches Raum gibt für 420 Sitz- und 100 Stehplätze ist mit einem halbkreisförmigen Tonnengewölbe geschlossen und hat eine lichte Höhe (bis zum Scheitel gemessen) von 11 m. Der Altarraum ist um 3 Stufen gegen das Schiff erhöht. An der westlichen Ecke zwischen Altarraum und Schiff ist die Kanzel erbaut, etwa korrespondierend ist ein Taufstein vorhanden. An der Südseite des Schiffes ist eine Empore angeordnet, auf der die Orgel Aufstellung gefunden hat. Sie dient außerdem als Sängerempore und bietet Platz für 100 Personen.“

Wenn heutzutage deutsche Journalisten und Touristen Tsingtau besuchen, dann bilden sie in ihren Berichten fast immer die Christuskirche ab. Der Hauptgrund: es ist das einzige Gebäude aus deutscher Zeit, das an der Außenwand noch eine deutsche Inschrift zeigt, die man fotografieren kann. Die Kirche war 1949 von den Kommunisten für Gottesdienste geschlossen und zum Tanzsaal umfunktioniert worden. Während der Kulturrevolution, wo Tanzen verpönt war, diente sie als Lagerhalle. Mit der neuen Verfassung von 1979, die wieder Religionsfreiheit zusicherte, wurde dann 1980 die Kirche renoviert, unter Denkmalschutz gestellt und der chinesischen protestantischen Gemeinde als Gotteshaus zugewiesen. Bei der Restaurierung wurde draußen an der Turmuhr die alte Inschrift erneuert: „J.F. Weule, Bockenem am Harz“. Auch innen am Westeingang ist noch der Grundstein vorhanden mit den eingemeißelten Daten: „gegruendet am 19. April 1908, eingeweiht am 23. Oktober 1910“.

Da viele Elemente aus der Er- und Einrichtungszeit heute noch zu sehen sind, hauptsächlich von damaligen Tsingtauer Betrieben hergestellt, möchte ich aus Gründen der Erinnerung die beteiligten Namen nennen. Die Baumaterialien (Granit aus dem Fushan und  Lauschan, der rote Granit stammt aus einem Steinbruch in der Nähe von Shazikou, Basalt vom Kap Jaeschke) wurden von der Firma Bernick & Pötter herbeigeschafft. Die Bauausführung der Erd-, Maurer-, Steinhauer- und Zimmerarbeiten lag in den bewährten Händen der Firma F.H. Schmidt (Kaufmännischer Direktor: Conrad Miss). Die speziellen Dachziegel kamen aus einer Ziegelei der Firma Kappler & Sohn auf der anderen Seite der Kiautschou-Bucht, die Bildhauerarbeiten (Altar, Kanzel, Taufstein, Säulen aus Granit, in der Eingangshalle aus Terrazzo) von der Firma A.Stolz & Fr.Kind. Den Taufstein stiftete der Bauunternehmer Karl Pötter (Firma Bernick & Pötter). Die reich verzierten Tore und die beiden großen Deckenleuchter (alles noch vorhanden) fertigte Schlossermeister Hermann Diekmann. Die elektrischen Einrichtungen besorgte die Firma Siemens-Schuckert, der Leiter ihrer Tsingtauer Filiale war Herr J. Hermann Schlichtiger. Die Ausführung der Tischlerarbeiten und die Möbellieferung wurden von den chinesischen Unternehmern Ho sing kee und Kwang sin sching bewirkt. Aus Deutschland wurden geliefert: die bereits erwähnte und immer noch funktionierende Turmuhr, sowie die noch jetzt jeden Sonntag läutenden 3 Glocken. Für die damalige Zeit waren sie ungewöhnlich, denn sie bestehen nicht aus Bronze sondern aus Gußstahl, hergestellt von der Stahlfirma Bochumer Verein, mit den Tönen e – g – b. Diese Glocken waren schon vorhanden und wurden aus der 1899 gebauten Kapelle übernommen. Die Bodenfliesen in der gesamten Kirche lieferte Villeroy & Boch aus Mettlach. Die Orgel der Firma Gebr. Link aus Giengen a.d. Brenz wurde von Herrn R.Link persönlich, mit der Hilfe von 20 chinesischen Arbeitern, aufgestellt, zwischen dem 21. Juni und 26. August 1910. Er hat anschließend in einer Zeitung einen längeren Reisebericht veröffentlicht. Die Orgel wurde in den 1950er Jahren weggenommen und soll nach Peking in eine Musikhochschule gebracht worden sein. Aus Anlass des 100jährigen Jubiläums der Christuskirche am 23. 10. 2010 wird ihr eine neue Orgel gestiftet, sie stammt von der Firma Jäger und Brommer Orgelbau in Waldkirch.

Die Glasfenster

Endgültig verloren sind die zahlreichen farbigen Glasfenster, die von verschiedenen Firmen hergestellt worden waren. Von den 5 großen Fenstern wurde je eines gestiftet von Herrn Carl Eichwede und Frau (Geburt Christi), Kaiser Wilhelm II. (Taufe Christi), den Offizieren des Ostasiatischen Kreuzergeschwaders (Jesus stillt die Wellen), Kaiserin Auguste Viktoria (Das Heilige Abendmahl), Seezolldirektor Ernst Ohlmer und Frau (Auferstehung Christi). Die kleineren Fenster in den Seitennischen waren Stiftungen von Herrn Roland Behn und Frau (Schwarzkopf & Co.), diejenigen in der Eingangshalle und an der Orgel von den Beamten und Offizieren des Gouvernements. Das Farbfenster in der Sakristei zeigte ein Portrait Luthers mit der Wartburg im Hintergrund und der Textzeile: „Ein feste Burg ist unser Gott“ (ein Farbfoto ist vorhanden). Zu den 2 „Kaiserfenstern“ gibt es den Bericht aus einer Hamburger Zeitung (1911): „Die vom Kaiser und der Kaiserin gestifteten Kirchenfenster für die Christuskirche in Tsingtau, die aus der Kunstanstalt für Glasmalerei von Gebr. Kuball in Hamburg hervorgegangen sind, besichtigte das Kaiserpaar am 3. August 1911 gelegentlich des Festmahls im Hamburger Rathause. Die dreiteiligen, ca. 5 m hohen und 3 m breiten Fenster passen sich dem modernen Barockstile der Kirche in geeigneter Weise an. Stilistische, im Ton gehaltene Ornamente umrahmen die farbenprächtigen, stimmungsvoll gehaltenen Darstellungen mit den lebensgroßen Figuren. Das vom Kaiser gestiftete Fenster stellt die heilige Taufe, das von der Kaiserin gestiftete das heilige Abendmahl dar. Im ersten Bilde vollzieht Johannes an dem im Jordan stehenden Christus die Taufe. Das zweite Bild bringt das heilige Abendmahl zur Darstellung. Jesus nahm das Brot, dankte und brach es. Johannes ihm zur Rechten, schaut voll gläubigen Vertrauens zu dem Herrn auf, während Petrus die Worte des Herrn mit grübelndem Verstande verarbeitet. Judas ist von seiner großen Schulderkenntnis gepackt und kann den Blick des Heilandes nicht ertragen. In den Sockelfenstern sind die Wappen der Stifter angebracht: für den Kaiser das von Hohenzollern, das preußische und das kaiserliche; für die Kaiserin das von Schleswig, von Holstein und gleichfalls das kaiserliche mit der Krone.“ (Schwarz-weiß Abbildungen der beiden Fenster sind vorhanden.) –     Ein weiteres großes Fenster  wurde von den Offizieren des Ostasiatischen Kreuzergeschwaders gestiftet. Als Thema wählten sie bezeichnenderweise, wie Jesus auf dem See Genezareth den aufgekommenen Sturm stillt. Gemalt wurde dieses Fenster von dem Glasmaler Franz Becker, Berlin-Tempelburg, der zwei weitere Fenster malte (Das „Auge Gottes“ und „Jesus als Salvator Mundi“). Diese 3 Fenster wurden von der Glasmalereianstalt Ferdinand Müller in Quedlinburg angefertigt und 1913 nach Tsingtau geliefert  (Schwarz-weiß-Abbildungen sind vorhanden.) Diese 2 letzten Bilder sind kreisrund, da es aber nur noch das runde Fenster über der Orgel gab, ist unklar welches der beiden dort angebracht gewesen ist, das „Auge Gottes“ oder „Jesus als Salvator Mundi“ ? –  Das künstlerisch wertvollste Fenster war das kreisrunde (d = 3m) in der Wand hinter dem Altar. Das Original war zwar „farbig“, aber de facto waren der Hl. Christophorus und das Jesuskind nebst Landschaft in Grisaille Manier gemalt, und nur die Stifterwappen brachten stärkere Farbtupfer in das Fenster. Gemalt wurde es von Prof. Fritz Geiges in Freiburg i.B., dem damals bedeutendsten Glasmaler Deutschlands. Die hier abgebildete Zeichnung stammt von ihm selbst, ich fand sie in seinem Nachlaß im Archiv in Freiburg. Ansonsten existiert noch ein Farbdia vom zentralen Teil dieses Fensters, das Dr.med. Hans Schmidt aufgenommen hat. Gestiftet hatte es Johann Albrecht Herzog zu Mecklenburg, der, zusammen mit seiner 2. Frau, Tsingtau 1910 besucht hatte als Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft.  In der Mitte unten ist das Wappen Mecklenburgs, links das Wappen der ersten, verstorbenen Ehefrau Elisabeth Prinzessin zu Sachsen-Weimar-Eisenach, rechts das der 2. Frau, Elisabeth Prinzessin zu Stolberg-Roßla. Als Junge hat mich während des Gottesdienstes immer etwas befremdet, daß gleich über dem Haupte des am Altar stehenden Pfarrers ein schwarzer Stierkopf mit silbernen Hörnern und goldener Krone zu sehen war, der einem seine rote Zunge entgegenstreckte!  –  1999 sind wieder farbige Glasfenster in der Kirche eingesetzt worden, sie wurden in Peking hergestellt. Es handelt sich überwiegend um florale und pflanzliche Muster, z.T. sind es Weintrauben, sicherlich eine Anspielung auf das Jesuwort: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“

Die Einweihung der Kirche

Die Einweihung der Kirche am 23. Oktober 1910 wird in der Wochenzeitung Kiautschou-Post (vom 29.10.1910, S.327-28) folgendermaßen beschrieben: „Die Gemeinde und die geladenen Gäste hatten um 10 Uhr vor der Kirche Aufstellung genommen, als die vom Soldatenchor mit Posaunenbegleitung zum Vortrag gebrachte Festkantate: ‘Ich will in das Haus des Herrn gehen’ die Feier einleitete. Dann überreichte der Erbauer der Kirche, Herr Baudirektor Strasser mit einer kurzen Ansprache den Kirchenschlüssel, den S.E. Herr Gouverneur Truppel  als Vertreter der hiesigen Zivil- und Militärgemeinde entgegennahm und an Herrn Oberpfarrer Winter weitergab. Dieser öffnete nunmehr die Hauptpforte und betrat die im herrlichen Schmuck prangende Kirche, gefolgt von den Erschienenen. Die beiden Missionare Superintendent Voskamp und Pfarrer Kunze trugen die Altargeräte. Beim Eintritt in das Gotteshaus spielte die Orgel (Herr Lehrer Reinhard Schuhmann) das Festpräludium von Volckmar. Darauf sang der Gemischte Chor unter Leitung des Oberrichters Dr. Crusen die Motette von Klughardt: ‘Heil dem Haus, das der Herr gebaut.’ An die Liturgie nach der Agende, die mit dem 84. Psalm schloß, erklang ein größeres Präludium; darauf sang die Gemeinde: ‘Lobe den Herrn.’ Vom Altar aus hielt dann Herr Oberpfarrer Winter die Weiherede im Anschluß an das im Namen der Kaiserin gesprochene Votum aus Psalm 150, Vers 1: ‘Lobet den Herrn in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht.’ (Die Zeitung bringt den vollen Wortlaut der Weiherede.) Hierauf folgten Weihgebet und Glaubensbekenntnis, worauf der Chor unter Orchesterbegleitung den 98. Psalm sang. Die von der Kanzel gehaltene Predigt hatte folgenden Wortlaut (dessen kompletter Text in der Zeitung abgedruckt ist). Nach der Predigt sang der Chor das Halleluja von Händel. Nach dem Schlußgebet und Segen beendigte der Gemeindegesang: ‘Nun danket alle Gott’ die erhebende Feier.“

Das Innere der Kirche.

Aus der alten Evangelischen Kapelle wurden, neben den Glocken, einige Gegenstände übernommen, so der silberne, innen vergoldete Abendmahlskelch, von Prinzessin Irene von Preußen gestiftet,  nachdem sie Ihren Mann, den damaligen Admiral des Kreuzergeschwaders, Prinz Heinrich von Preußen, im März 1899 in Tsingtau besucht hatte. Ein anderer Chef des Geschwaders, Admiral von Bendemann, stiftete 1902 die silberne Taufschale, mit einem Jesuwort als Inschrift: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes.“  An der Vorderfront der Kanzel hing (bis 1949) ein bronzener Kranz. Er war von den Offizieren des Kreuzers „Kurfürst Friedrich Wilhelm“ zum Gedenken an ihren früheren Kommandanten, Kapitän z.S. Paul Jaeschke, gestiftet worden, der als Gouverneur Tsingtaus im Januar 1901 an Typhus gestorben war. Der Kranz wurde im 1.Weltkrieg gestohlen und später in einem Antiquitätenladen in Jinan entdeckt, von wo er zurückgekauft wurde. Die vorderste rechte Kirchenbank besaß ein Kupferschild mit der Inschrift: „Gouverneur“. Diese Bank war für den Gouverneur und seine Familie reserviert, für den Rothkegel einen besonderen Eingang an der Ostseite der Kirche vorgesehen hatte und der dann auch gebaut wurde. – Noch heute sieht man im Granit der Kanzel und des Altars als Bas-Relief ein langgestrecktes Dornenmuster, es repräsentiert die Dornenkrone Jesu in seiner Passion. Dieses Dornenmuster war früher auch an die Wände gemalt und umzog als Band das ganze Kirchenschiff. Es ist jetzt nicht mehr vorhanden.- Bei der Bestellung der Orgel in Giengen a.d.Brenz unterlief der Bauleitung ein gravierender Fehler. Man hatte der Firma nicht mitgeteilt, daß in der Rückwand der Orgelempore ein großes rundes Fenster sich befindet, das nicht mit Orgelpfeifen zugestellt werden durfte. Die Firma war davon ausgegangen, daß in der Mitte die längsten Pfeifen stehen und zu den beiden Rändern hin die Pfeifen immer kürzer werden. So mußte die Reihenfolge umgedreht werden, die kürzesten in der Mitte und die längsten an den Seiten. Trotzdem war die Wandfläche unter dem Fenster zu knapp und die Pfeifen dort mußten viel tiefer als geplant angebracht werden. Das führte später bei Reparaturen zu enormen Behinderungen, da die Techniker nur auf dem Bauch oder Rücken kriechend sich dort bewegen konnten. Auch hatte die deutsche Firma keine Erfahrung mit dem Orgelbau für ein subtropisches Monsunklima. Die Orgel besaß viele Holzpfeifen, die ihr zwar einen wunderschönen warmen Klang gaben, aber aufgrund des starken Luftfeuchtigkeitswechsels zwischen Regen- und Trockenzeit verzogen sich die Holzpfeifen ständig, so war die Orgel häufig verstimmt. – Ich besitze leider keine komplette Liste der Organisten von 1910 bis 1949. 1910/11 scheint es Lehrer Reinhard Schuhmann gewesen zu sein, von 1911-14 der Lehrer Willy Werner, der 1913 einen zweiten Chor bildete (neben dem von Oberrichter Crusen). In den 1920iger Jahren bis 1936 war es Arnold Mändler, der das Café Flössel leitete. Er starb im Oktober 1936, sein Sarg wurde in der Kirche aufgestellt. Von 1936  bis 1943 war es eine Schweizerin, Frau Hulda Rieder-Tschiemer von der Ostasien Mission. Von 1943-47 war es Viktor Kusik aus Harbin, der von 1943-45 die Deutsche Schule in Tsingtau besuchte, um dort das Abitur zu machen. 1943 war er erst 17 Jahre alt und wohnte bei Familie Matzat. Deswegen ging ich während des Gottesdienstes mit ihm auf die Orgelempore, denn während des Krieges gab es in Tsingtau immer wieder unangekündigte Stromsperren. So konnte es passieren, daß während die Gemeinde einen Choral mit Orgelbegleitung sang, plötzlich der Strom und damit auch der Orgelton ausfiel., da der Blasebalg von einem Elektromotor angetrieben wurde.  Meine Aufgabe war es dann, schleunigst in die linke Kammer zu eilen, den Treibriemen vom Motor zu reißen und auf ein Schwungrad umzusetzen, das ich dann per Hand drehen mußte. Nach 1-2 Minuten ertönte  die Orgel wieder, und der dünne Gemeindegesang erlangte eine vollere Dimension. –  Ein besonderes Problem für den Pfarrer war die schwierige Akustik des Raumes. Bei gefüllter Kirche funktionierte sie ordentlich, aber nach 1914 war die deutsche Gemeinde mächtig geschrumpft und die Zahl der Zuhörer betrug nur noch ein paar Dutzend. Pfarrer Seufert, der von 1922-50 an ihr tätig war, unternahm verschiedene Experimente, die Akustik zu verbessern:  ein Schalldeckel über der Kanzel wurde wieder beseitigt, zwischen den Säulen aufgehängte Vorhänge oder von Wand zu Wand gespannte schwarze Fäden nutzten auch nichts. Ein Architekt schlug vor, den ganzen Raum mit einem Putz, der Kork enthielt, zu versehen, aber die Kosten dafür waren zu hoch. So blieb Seufert nichts anderes übrig, bei seinen Predigten ganz langsam und deutlich zu sprechen.

Die Grundeigentumsverhältnisse

 

Vor der Errichtung der Kirche gehörte der Hügel dem deutschen staatlichen Fiskus. Nach Fertigstellung des Baus schenkte das Gouvernement nur die Fläche, die von dem Kirchengebäude eingenommen wurde, dem Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß zu Berlin, der damit Eigentümer nicht nur des Gebäudes sondern auch des Grund und Bodens war. Das Gelände um die Kirche herum blieb Eigentum des Fiskus, der die Hänge des Hügels mit Bäumen bepflanzte.

Nach der Besetzung Tsingtaus am 7.11.1914 durch die Japaner konfiszierten sie auch das Kirchengebäude, erstatteten es aber am 10. Januar 1922 dem ursprünglichen Eigentümer (Deutscher Evangelischer Kirchenausschuß) zurück, da die Rückgabe Tsingtaus an China kurz bevorstand, die dann auch am 10. 12. 1922 stattfand. Die chinesische Verwaltung ordnete 1925 eine gründliche Revision der Grundeigentumsverhältnisse an und stellte neue Grundbuchzertifikate in chinesischer Sprache aus. Bei dieser Gelegenheit wurde im  Grundbuch  der deutsche Eigentümer ins Chinesische übersetzt als „Ji Du Jiao Lian Hui“, d.h. „Kirche der Vereinigten Protestantischen Gemeinde“. Diese falsche Übersetzung stimmte aber mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein, denn die Kirche wurde inzwischen auch von der Britischen Anglikanischen Gemeinde , der American Sunday Service Community u.a. genutzt, was ganz im Sinne der Deutschen war, denn sie konnten nach 1920 nicht mehr allein die Kosten für die Instandhaltung, Heizung usw. aufbringen. Die Vorstände dieser einzelnen Kirchengemeinden bildeten ein Komitee, das diese „Kirche der Vereinigten Protestantischen Gemeinde“ repräsentierte, und mit Genehmigung des Deutschen Evangelischen Kirchenausschusses erhielt dieses Komitee das Recht der Treuhänderschaft. Die einzelnen Kirchengemeinden veranstalteten, schon aus sprachlichen Gründen, keine gemeinsamen Gottesdienste, aber in allen Sach- und Rechtsfragen kooperierte man. Dr. Seufert vertrat das Komitee gegenüber den chinesischen Behörden. Das Grundstück, auf dem das Kirchengebäude stand, wurde 1925 als Volleigentum (freehold) anerkannt, während die chinesische Verwaltung damals Grund und Boden üblicherweise nur in 30jähriger Pacht oder einer Art Erbbaurecht (leasehold) vergab. Im Jahre 1936 ließ die Verwaltung ihre Absicht erkennen, das Gelände um die Kirche, welches früher dem deutschen Gouvernement und jetzt der Stadt gehörte, zu parzellieren und für Bebauungszwecke freizugeben. Damit bestand die Gefahr, daß die Kirche auf fast allen Seiten von Häusern umgeben wurde. Die Deutschen, organisiert in der „Deutschen Vereinigung Tsingtau“, beschlossen daher, das Gelände des Kirchenhügels von der Stadt zu pachten und dort eine Deutsche Schule und ein Deutsches Heim neu zu bauen. Architekt dieser beiden neuen, 1936-37 errichteten Gebäude war Paul Friedrich Richter, der schon 1907 sich an dem Wettbewerb für den Bau der Christuskirche beteiligt, aber zusammen mit Hachmeister nur den 3.Preis erhalten hatte. Dieses neu geschaffene Dreier-Ensemble erhielt den Namen: „Deutsches Eck“.  – Als Pächter des Geländes um die Kirche trat aber nicht die Deutsche Vereinigung auf, sondern die Deutsche Evangelische Gemeinde, und der Pachtbrief war dementsprechend ausgestellt auf die „De Guo Ji Du Jiao“. Dahinter standen komplizierte finanz- und steuerrechtliche Überlegungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde der besagte Pachtbrief sofort als „Feindbesitz“ von der chinesischen Behörde zur Verwaltung des Fremdeigentums beschlagnahmt, während das Kirchengebäude davon nicht betroffen war, da aufgrund der falschen Eintragung im Grundbuch: „Kirche der Vereinigten Protestantischen Gemeinde“ es als eine internationale Institution bewertet wurde. Nachdem 1946 und 1947 die meisten Deutschen Tsingtaus repatriiert worden waren, organisierte Pfarrer Dr. Seufert mit deutschen, amerikanischen, britischen und auch chinesischen Christen der Stadt eine „neue“ Gemeinde unter dem Namen „Tsingtao Community Church“, an deren Gottesdiensten (in englischer Sprache) Mitglieder der verschiedensten Denominationen teilnahmen. Im Jahre 1948 ordnete die Guomindang Stadtverwaltung eine Revision der Grundbucheintragungen an. Die Tsingtao Community Church fragte daraufhin in Frankfurt am Main beim Kirchlichen Außenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland an, ob es damit einverstanden ist, daß im Grundbuch wieder, wie schon 1925, als Eigentümer die „Ji Du Jiao Lian Hui“ eingetragen wird. Die Antwort aus Deutschland war positiv. Sie lautete: „Frankfurt/Main den 18.3.1949. Vollmacht für die Tsingtao Community Church. Wir ermächtigen die Tsingtao Community Church in Tsingtao, die treuhänderische Verwaltung des Besitzes, der in Tsingtao auf die Chi Du Chiau Lien Hui eingetragen ist, zu übernehmen. Die Vollmacht gilt mit folgenden Maßnahmen: 1) Die Deutsche Evangelische Gemeinde in Tsingtao soll für die Zeit ihres Bestehens zum freien Gebrauch der Kirche berechtigt sein; über die Zeiten der Benutzung muß jeweils ein Einverständnis erzielt werden. 2) Alle Maßnahmen, die die Christus-Kirche betreffen, können nur mit Zustimmung von Pfarrer Dr. W. Seufert getroffen werden. gez. D. Martin Niemöller, Kirchenpräsident.“ Pfarrer Seufert glaubte nun, daß damit der internationale Charakter der Christuskirche sowohl durch den tatsächlichen Gebrauch als auch durch die Grundbucheintragung gewährleistet sei. Nachdem aber die Kommunisten am 2. Juni 1949 Tsingtau besetzt hatten, wurde von ihnen die existierende Grundbucheintragung nicht anerkannt und das Kirchengebäude, da als deutsches und damit Feindeigentum bewertet, enteignet. Nun mußten die deutsche evangelische Gemeinde und die Community Church für die Nutzung der Kirche für die Periode 1.6. bis 31.12.1949 an die Stadtverwaltung eine Miete von 1200.- U.S.$ zahlen. Um die Schraube der Verdrängung noch stärker anzuziehen, wurde sogar rückwirkend für die Periode 1.1. bis 31.5.1949, als die Kommunisten noch gar nicht Herren der Stadt waren, eine Miete von 700.- U.S.$ gefordert. Die ca. 70 Mitglieder der Community Church, zur Hälfte aus mittellosen chinesischen Studenten und ansonsten überwiegend aus Missionaren bestehend, mußten eine große Anleihe aufnehmen. Da abzusehen war, daß die zukünftigen Abgaben nicht mehr zu bezahlen waren, wurde Ende November 1949 die Christuskirche mit dem gesamten Inventar den Behörden übergeben. Am 1. Advent, den 27.11.1949, fand in der Christuskirche der letzte deutsche Gottesdienst und am Abend der der Community Church statt.

Die Deutsche Evangelische Gemeinde Tsingtau

Die Pfarrer der deutschen protestantischen Gemeinde Tsingtaus von 1898 bis 1952 waren, mit Ausnahme von Pfr. Winter, jeweils Missionare des Allgemeinen Evangelisch Protestantischen Missionsvereins, später Ostasien-Mission genannt, die das Amt zunächst halbamtlich (bis 1902), später ab 1915 ehrenamtlich ausübten. Ihre Namen:

Dr. theol. h.c. Ernst Faber (+ Tsingtau 1899)

Richard Wilhelm (1899 – 1900)

Lic. theol. Wilhelm Schüler (1900-02 halbamtlich, 1902-04 als vollbesoldeter Gouvernementspfarrer.

Ludwig Winter (1905 – 1915), Marineoberpfarrer, durch die Japaner ausgewiesen, war dann    Pfarrer in Tientsin (1915 – 1919)

Dr. theol. h.c. Richard Wilhelm (1915 – 1920)

Dr. phil. Hermann Bohner (1920 – 1922)

Missionssuperintendent Dr. theol.h.c. Emil Schiller (1922, aus Kyoto, in Vertretung)

Dr. phil., Dr. theol. h.c. Wilhelm Seufert (1922 – 1952), durch die Kommunisten ausgewiesen. Pfarrer Seufert war zweimal auf Urlaub in Deutschland, er wurde 1930/31 durch Missionar Gerhard Rabes, 1939/40 durch Missionar Theodor Jaeckel vertreten. Sowohl Seufert als auch Bohner hatten 1914 bei der Verteidigung Tsingtaus mitgekämpft und waren dementsprechend von Nov. 1914 bis 1920 in japanischer Kriegsgefangenschaft gewesen.

Auch die Missionare der Berliner Mission, vor allem Missionssuperintendent Dr. theol. h.c. Johannes Voskamp (+ in Ts 1937) und dann auch Missionar Adolf Kunze (+ in Ts 1922) haben immer wieder ab 1899 vertretungsweise Gottesdienste gehalten und Amtshandlungen (Taufen, Beerdigungen) durchgeführt.

Nach der Einweihung der Kirche im Oktober 1910 fanden die Gottesdienste, obwohl  Winter hauptamtlicher Pfarrer war, öfters nur alle 14 Tage statt, und in der Hitzeperiode fielen sie sogar ganz aus. In der Zeit der Besetzung ab Nov. 1914 wollten die japanischen Behörden die Kirche ganz schließen, zumal von den Deutschen nur noch 180 Kinder, 135 Frauen und 26 Männer in Tsingtau zurückgeblieben waren, dementsprechend war die Zahl der Gottesdienstbesucher enorm geschrumpft. Aus Protest gingen die Frauen jetzt erst recht kontinuierlich zum Gottesdienst, und obwohl man kein Geld hatte, die Kirche in der kalten Jahreszeit zu heizen, trotzte man der Kälte durch Mitbringen von warmen Decken und Kissen. Tatsächlich konnte so die Beschlagnahme der Kirche abgewendet werden. Pfarrer Winter äußerte sich häufig kritisch gegenüber den japanischen Besatzern, so daß sie ihn im Frühjahr 1915 auswiesen. So mußte Missionar Dr. Richard Wilhelm, nun ehrenamtlich, von 1915-20 die Gottesdienste gestalten. Einige seiner damaligen Predigten hat er im Druck vervielfältigt, ein Teil von ihnen wurde an die deutschen Kriegsgefangenen in Japan geschickt. Im übrigen hat Richard Wilhelm alle seine Predigtmanuskripte aufgehoben, sie befinden sich jetzt im Richard Wilhelm Nachlass bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Jede Predigt, die er von 1915 bis 1920 in Tsingtau gehalten hat, ist damit noch heute dokumentiert.

Nach Kriegsende konnten im Frühjahr 1920 die Frauen und Kinder nach Deutschland zurückkehren, dadurch wurde die Zahl der Deutschen noch stärker reduziert. Das erste nach dem Kriege aufgestellte deutsche Adreßbuch vom Nov. 1926 zählt in und um Tsingtau 218 Deutsche (103 Männer, 63 Frauen, 52 Kinder.)  Von 1920 bis 1947 fanden die Gottesdienste nur jede zweite Woche statt, anschließend war der Kindergottesdienst im Konfirmandensaal. Im Winter wurde nur dieser Saal geheizt, so daß auch der Erwachsenengottesdienst dort abgehalten wurde. Zur Begleitung der Choräle stand ein Harmonium zur Verfügung. Ausnahmen waren die mit festlicher Chormusik gestalteten Gottesdienste am 1. Advent, Heiligabend und Weihnachtstag im großen Kirchenraum. Zum Heiligabend wurde der Altarraum mit ein Dutzend Kiefern, kerzenbestückt, vollgestellt, und auch an den Sitzbänken überall Kerzen angezündet. Wie zu erwarten, war dies der bestbesuchte Gottesdienst des Jahres.

Die Deutsche Vereinigung Tsingtaus hatte 1936-37 kein eigenes Klubgebäude mehr. Man hatte das Deutsche Heim an der Ecke von Kiangsu und Kiaochow Road, das von 1914-36 Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Deutschen gewesen war, im Jahre 1936 an die American Lutheran Mission verkauft. Diese baute das Heim um zu einer Kirche für die chinesischen Lutheraner. Durch den Verkaufserlös konnten die Deutschen neben der Christuskirche ein neues Heim und ein neues Schulgebäude errichten. Dieses Ensemble aus Kirche, Heim und Schule erhielt deshalb den Namen: Deutsches Eck. Bis das neue Deutsche Heim im September 1937 bezogen werden konnte, diente 1936-37 der sog. Konfirmandensaal in der Christuskirche als Versammlungsraum für die Mitglieder der Deutschen Vereinigung.

Ein Problem für die kleine deutsche Kirchengemeinde war nach 1920 der Unterhalt des großen Gebäudes (Reparaturen, Heizung). Ein Taifun im Sommer 1926 warf z.B. viele Ziegel des Daches herunter. Deswegen war es ihr sehr willkommen, daß britische und amerikanische Gemeinden bereit waren, ihren Gottesdienst ebenfalls in der Christuskirche abzuhalten. Dadurch wurden die Unterhaltskosten auf mehrere Gruppen aufgeteilt. Selbst nach Beginn des Krieges zwischen Deutschland und Großbritannien im Sept. 1939 fanden die Gottesdienste der britischen Anglikaner noch ein Jahr lang in der deutschen Kirche statt. Erst nach der Internierung der Briten und Amerikaner durch die Japaner ab Dez. 1941 mußten die Deutschen von 1942-45 die Kosten wieder allein tragen. Gegen Ende des Krieges gab es hin und wieder Fliegeralarm, wenn amerikanische Bomber die Stadt anflogen. Da die deutsche Schule direkt neben der Kirche lag, wurde deren Kellergeschoß als „Luftschutzbunker“ für uns Schüler eingerichtet, sowie Sandsäcke vor dem Eingang aufgestellt. Nach Kriegsende im August 1945 landete in Tsingtau die 6. U.S. Marineinfanterie-Division. Ihre protestantischen Militärpfarrer (chaplains) baten darum, die Christuskirche benutzen zu dürfen, was ihnen natürlich nicht verweigert werden konnte. Nun fanden jeden Sonntag um 11 Uhr deren Gottesdienste statt (jeweils mit ausgedrucktem Programm) und an manchen Sonntagen auch noch am Abend, mit anschließender „social hour“ im ehemaligen Deutschen Heim, das die U.S. Streitkräfte als Klubgebäude für sich beschlagnahmt hatten. Viktor Kusik, der seit 1943 den Orgeldienst wahrnahm, tat dies nun zusätzlich auch bei den amerikanischen Gottesdiensten.

Am 24. Nov. 1948 wäre es beinahe zu einer Katastrophe gekommen. Im Dachgeschoß der Sakristei brach ein Feuer aus, welches das Dach der Räume in der Nordwestecke der Kirche völlig zerstörte. Glücklicherweise gelang es, das Feuer schnell zu löschen, obwohl zu der Zeit ein starker Nordwind blies und das Dach des Kirchenschiffes an der Nordseite des Turmes auch schon zu brennen anfing. Die gewölbte Decke des Hauptraumes besteht nämlich nur aus einer dünnen Betonschicht, aufgetragen auf ein eisernes Traggitter, das oben an den hölzernen Dachsparren angebracht ist. Hätten die Holzbalken des Sparrendaches auch Feuer gefangen, wäre die gesamte Decke heruntergefallen. Da die Kirche damals noch von der amerikanischen Marine mitbenutzt wurde, konnte mit ihrer technischen Hilfe und finanziellen Unterstützung über den zerstörten Räumen ein provisorisches Holzdach angebracht werden.

Als die Kommunisten am 2. Juni 1949 die Stadt besetzten, lebten noch rund 70 Deutsche (inclusive 11 kathol. Patres) in Tsingtau. Die gottesdienstliche Nutzung der Kirche endete Ende Nov. 1949 mit der Beschlagnahme durch die Kommunisten, wie bereits oben geschildert. Danach durften die Deutschen ihren Gottesdienst in der Kapelle der Anglican Church Mission abhalten, während in einem Saal der Methodisten Mission die Community Church unterkam. Deren Vorstandssitzungen fanden im Gebäude des ehemaligen amerikanischen Konsulates statt, direkt gegenüber der Christuskirche in der Yishui Rd. 1. Dort wohnten der amerikanische Missionar Perry O. Hanson und seine Frau. Die (englisch-sprachigen) Protokolle der Vorstandssitzungen von 1949 bis 1951, sowie andere Dokumente bezüglich der Christuskirche, haben sich erhalten, ich entdeckte sie im Britischen Staatsarchiv in London. Diese Papiere waren dem letzten britischen Generalkonsul in Tsingtau, Mr. R.H.Eckford ausgehändigt worden, und als im Sommer 1951 das dortige britische Konsulat aufgegeben wurde, nahm er die Dokumente in seinem Diplomatengepäck mit nach England, wo er sie dem Public Record Office übergab.

Der letzte Gottesdienst der Tsingtao Community Church mit anschließender „fellowship hour“ fand am 18. Febr. 1951 statt. Gleichzeitig wurde im Februar 1951 auch die Deutsche Evangelische Gemeinde aufgelöst, und die kommunistischen Behörden verlangten die Registrierung ihres Eigentums. Dadurch mußten die Tauf- und Abendmahlgeräte aufgezählt und anschließend der Staatsbank übergeben werden. Es handelte sich um:

1 silberne Taufschale (1902 von Admiral v.Bendemann gestiftet, nicht von Admiral v.Diederichs, wie Seufert fälschlicherweise schreibt)

1 silberner, innen vergoldeter Abendmahlskelch (1899 von Prinzessin Irene von Preußen, Gemahlin des Admirals Prinz Heinrich von Preußen, gestiftet)

1 silberner kleiner Teller

1 versilberte Abendmahls-Weinkanne

1 versilberter Abendmahlskelch

1 versilbertes Ciborium mit Deckel

1 versilberter kleiner Teller.

Die Bank übernahm von den genannten Geräten nur die ersten drei, da sie aus echtem Silber bestanden und zahlte dafür einen kleinen Betrag, der an arme Mitglieder der Gemeinde verteilt werden mußte. Die restlichen vier Geräte konnte Pfarrer Seufert bei seiner Ausreise im März 1952 mit nach Deutschland nehmen. Er übergab sie dem Kirchlichen Außenamt mit dem Wunsch, daß sie einer armen heimischen Gemeinde zum weiteren Gebrauch übergeben werden und an irgendeiner nicht auffälligen Stelle der Vermerk eingraviert wird: „Deutsche Evangelische Gemeinde Tsingtau 1898 bis 1951.“   Das Außenamt wählte die Evangelische Gemeinde in Obernzell a.d.Donau als Empfänger aus, und an Sylvester 1952 wurden die vier Geräte dort übergeben, wo sie sich auch heute  noch befinden.

Seit August 2008 ist Dr. Karl-Heinz Schell Pfarrer der Evangelischen  Gemeinde deutscher Sprache in Peking. Sein Amtsbezirk reicht nach Norden bis Harbin, nach Süden bis Tsingtau einschließlich. Er hat am 9.2.2010 in der Christuskirche Prof. Becker (Hannover) und Li Na (Tsingtau) getraut, zusammen mit Pfarrer Sun Bin. Es war dies wohl die erste deutschsprachige Amtshandlung in der Christuskirche seit 1949. Pfarrer Schell teilt mit, dass die Evangel. Gemeinde in Peking beim Abendmahl den Kelch der Berliner Mission in Tsingtau aus dem Jahre 1899 benutzt und den Kelch der früheren deutschen evangel. Gemeinde in Tientsin. Deren Taufkanne ist jetzt bei der Gemeinde in Changchun.

Im März 1981 besuchte zum ersten Male seit 1949, unter Leitung von Hermann Neukamp, eine Gruppe ehemaliger Tsingtau- und Chinadeutscher die Stadt, darunter auch ich. Einige von uns nahmen am 22.3. am chinesischen Gottesdienst in der Christuskirche teil. Frau Ursula Ulbricht (geb. Mohrstedt) regte daraufhin an, daß unsere Gruppe der chinesischen Gemeinde 2 Kerzenleuchter stiftet. Diese wurden dann in Deutschland, aus Zinn, hergestellt. Da im September 1982 eine 2. Gruppe von Tsingtauern, diesmal unter Leitung von Thies Nauert, dorthin fuhr, nahm diese die Leuchter mit, und Frau Gisela von Goldammer (geb. Dohse) überreichte sie im sog. Konfirmandensaal mit den Worten: „Im Namen der ehemaligen Tsingtau-Deutschen, die im März vergangenen Jahres diese evangelische Kirche besucht hatten, überreichen wir Ihnen diese beiden Leuchter mit Kerzen. Wir hoffen, daß diese Leuchter ihren Platz auf dem Altar finden werden. Von Deutschland aus gehen unsere Gedanken oft nach Tsingtau, unserer zweiten Heimat. Wir danken den Herren von Lüxingshe (dem amtlichen chines. Reisebüro), daß sie uns ermöglicht haben, die Kerzenleuchter heute zu übergeben. Wir bitten Sie, auch dem Herrn Bürgermeister unseren Dank auszusprechen. Unsere Freunde in Deutschland haben uns gebeten, bei der Übergabe ein Photo zu machen, das wir ihnen dann in Deutschland zeigen können“. Herr Pastor Wang antwortete: „Im Namen der Kirche danke ich Ihnen und dem deutschen Volk“.   (Das Photo ist vorhanden.)